Mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen im September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Am 28. Oktober 1940 überfällt Italien – der Bündnispartner Nazideutschlands – Griechenland. Italien, Deutschland und das verbündete Bulgarien erobern das griechische Festland bis Ende April 1941. Ab 1941 teilen sie Griechenland in Besatzungszonen auf. Die deutsch besetzten Teile stehen unter Militärverwaltung, die mit einer griechischen Kollaborationsregierung zusammenarbeitet.
Bei der Aufteilung Griechenlands überlässt Deutschland große Teile den italienischen und bulgarischen Besatzern, behält aber kriegswichtige Gebiete. Karya liegt an der Bahnstrecke Thessaloniki – Athen; diese führt zum großen Teil durch italienisches Besatzungsgebiet. Die Deutschen stellen jedoch das gesamte Eisenbahnnetz und wichtige Häfen unter ihre Kontrolle. So wollen sie Bodenschätze und Erzeugnisse, die sie für die Kriegsproduktion benötigen, möglichst reibungslos nach Deutschland schaffen.
Die deutsche Besatzung in Griechenland ist besonders brutal: Die Wehrmacht plündert das Land rücksichtslos aus. Die Wirtschaft bricht zusammen und hunderttausende Griech:innen sterben an den Folgen einer Hungersnot. Gegen die Besatzung formiert sich Widerstand. Die beiden größten Gruppen sind die kommunistische ELAS und die national-republikanische EDES. Ab Herbst 1942 kontrollieren die Partisan:innen weite Gebiete in den Bergen Mittelgriechenlands. Die Besatzer gehen hart gegen Widerstandskämpfer:innen vor. Sie nehmen Zivilist:innen als Geiseln und erschießen sie. Hunderte von Ortschaften werden als Repressionsmaßnahme niedergebrannt.
Mehr als Hunderttausend nichtjüdische und jüdische Griech:innen müssen Zwangsarbeit leisten. Am 30. Januar 1943 führen die Deutschen eine Arbeitspflicht für Männer zwischen 18 und 50 Jahren in allen Besatzungszonen Griechenlands ein. Nach Aufrufen von Widerstandsgruppen im Februar und April 1943 protestieren dagegen Tausende in den großen Städten. Die Verordnung wird zurückgezogen. Jedoch führen die Deutschen nun Razzien durch, bringen zehntausende Festgenommene in Haftlager in Griechenland und verschleppen sie dann zur Zwangsarbeit, auch in Konzentrationslager in Nazideutschland.
Die Stadt Thessaloniki ist ein wichtiges religiöses und kulturelles Zentrum des europäischen Judentums. Sie gehört bis 1912 zum Osmanischen Reich. Um 1900 ist die Hälfte der Bevölkerung Thessalonikis jüdisch. Die meisten Juden und Jüdinnen dort sind Sephardim: Ihre Vorfahren waren um 1500 aus Spanien und Portugal vertrieben worden. Über Generationen bewahren sie sich ihre Sprache Judäo-Spanisch (Ladino) und ihre Bräuche. Nach Auswanderungswellen leben 1940 noch etwa 50.000 Jüdinnen und Juden in Thessaloniki. Bereits unmittelbar nach der Aufteilung Griechenlands – ab Mai 1941 – beginnen die Deutschen mit der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung.
Die jüdische Bevölkerung Thessalonikis ist als erste von den deutschen Verfolgungsmaßnahmen betroffen. Die Deutschen schließen jüdische Zeitungsredaktionen, plündern Kunstschätze der jüdischen Gemeinden und schüren unter den christlichen Griech:innen Judenhass, indem sie die jüdische Bevölkerung für die Hungersnot verantwortlich machen. Ende 1942 wird der jahrhundertealte jüdische Friedhof vollständig abgerissen.
Die Wehrmacht in Thessaloniki will jüdische Männer zur Zwangsarbeit heranziehen. Sie versammelt hierfür über 9.000 von ihnen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren an einem Samstag (am jüdischen Feiertag Sabbat) am 11. Juli 1942 auf dem zentralen Freiheitsplatz. Dort müssen sie stundenlang in der Sonne stehen, werden verhöhnt und von deutschen Soldaten und Kollaborateuren geschlagen. Einige Wochen später werden 3.500 von ihnen zur Zwangsarbeit in verschiedene Orte Nordgriechenlands verschleppt.
Die Deutschen verhängen eine Ausgangssperre für Jüdinnen und Juden, zwingen sie, gelbe Sterne zu tragen, und richten 1943 Ghettobezirke ein. Im Wohnviertel »Baron Hirsch« in Bahnhofsnähe entsteht so ein Durchgangslager. Ab März 1943 beginnen von hier die Transporte in das deutsche Vernichtungslager Auschwitz. Zugleich werden mindestens 1.500 Männer zur Zwangsarbeit verschleppt, unter anderem zum Bahnhof in Karya.
Mit 19 Transporten werden zwischen dem 15. März und August 1943 fast 46.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer von Thessaloniki nach Auschwitz verschleppt. Die Fahrt dauert mindestens fünf Tage. Sofort nach ihrer Ankunft ermordet die SS die meisten von ihnen in Gaskammern. Weitere kommen durch Zwangsarbeit, Gewalt, Krankheiten und Unterernährung ums Leben. 1944 folgen Transporte aus dem übrigen Griechenland. Insgesamt werden fast 60.000 griechische Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager deportiert und ermordet.
Im Oktober 1944 zieht die Wehrmacht aus Griechenland ab. Als Folge der gezielten Zerstörung von Häusern, Ortschaften und Verkehrswegen sowie des Raubs griechischer Bodenschätze und Handelsgüter ist die wirtschaftliche Lage danach verheerend. Zehntausende Griech:innen leiden an Unterernährung und Infektionskrankheiten. Zudem folgen im Dezember 1944 neue Kämpfe: Die Briten unterstützten die aus dem Exil zurückgekehrte griechische Regierung bei ihrem Vorhaben, die Partisanenarmee ELAS zu besiegen.
Nur rund 10.000 griechische Jüdinnen und Juden überleben den Holocaust. Unter den traumatischen Erlebnissen der Verfolgung leiden die Überlebenden meist ihr Leben lang. Der Aufbau von Synagogen, Geschäften und Wohnungen gelingt häufig nur mit internationaler Hilfe wie durch das American Joint Distribution Committee. Aufgrund materieller Not, aber auch der judenfeindlichen Stimmung wandern bis Anfang der 1950er Jahre etwa 5.000 der Überlebende nach Palästina (ab 1948 Israel) und in die USA aus.
1946 wird in Griechenland die Monarchie wiederhergestellt. Im selben Jahr beginnt die kommunistische Demokratische Armee Griechenlands (DSE) einen Guerillakrieg gegen sie. Auch jüdische Männer müssen in der griechischen Regierungsarmee gegen die DSE-Guerillas kämpfen. Der Krieg endet 1949 mit der Niederlage der Linken. Kommunist:innen werden verfolgt, darunter auch Mehr als 50.000 Griech:innen kommen im Bürgerkrieg ums Leben. Juden, die mithilfe von kommunistischen Widerstandsgruppen überlebten. Anfang der 1950er Jahre schiebt Griechenland die letzten dieser jüdischen politischen Häftlinge nach Israel ab.